Die Ankündigung ist historisch: Ferrari hat offiziell die Einführung seines ersten vollständig elektrischen Modells für Ende 2026 bestätigt. Dieser Ferrari „Elettrica“ (Codename F244) markiert die tiefgreifendste Wende in der Geschichte Maranellos doch die Fangemeinde reagierte mit großer Besorgnis. Auch die Investoren zögerten nicht: Der Aktienkurs des Unternehmens fiel um 14 % der stärkste Rückgang seit dem Börsengang. Dieses deutliche Signal zeigt: Der Wert des „Cavallino Rampante“ ist untrennbar mit der Emotion verbunden, die er auslöst.
Das technische Datenblatt des kommenden Elektro-Ferrari ist beeindruckend: über 1.000 PS, vier Motoren (einer pro Rad) und ein Sprint von 0 auf 100 km/h in 2,5 Sekunden. Und doch beeindrucken diese Zahlen im aktuellen Kontext kaum noch.
Der Grund ist einfach: Der Elektromarkt ist zu einem Massenmarkt geworden, in dem Leistung für alle zugänglich ist. Wenn Marken wie BYD Fahrzeuge mit über 2.000 PS auf den Markt bringen, kann ein 1.000-PS-Elektro-Ferrari – so edel er auch sein mag – alleine durch seine Leistung keine derart hohe Preisprämie mehr rechtfertigen. Der neue Ferrari, 2.300 kg schwer und mit Limousinenform, schlägt sich in den Rohdaten kaum besser als ein Porsche Taycan Turbo S.
Das haben die Investoren erkannt: Ein Teil der Ferrari-Seele – der unverwechselbare Klang eines V12 oder V8 – wird unweigerlich verschwinden. Und genau diese Seele ist es, die den Preis rechtfertigt.
Angesichts dieser Herausforderung setzt Ferrari auf sein ingenieurtechnisches Know-how – in einem beinahe verzweifelten Versuch, die verlorene Emotion wiederherzustellen:
Das Wunder der Fahrdynamik: Die Ingenieure aus Maranello machen keine halben Sachen. Um die 2.300 kg zu kaschieren, erhielt das Fahrzeug eine völlig neue Plattform mit einer hochentwickelten aktiven Federung (abgeleitet vom Purosangue), Allradlenkung und Torque Vectoring, das durch gezieltes Abbremsen eines einzelnen Rads die Kurvendynamik verbessert. Ein technologisches Wunderwerk, das ein echtes „Ferrari-Feeling“ ermöglichen soll.
Die Suche nach natürlichem Klang: Künstliche Motorsound-Simulationen, wie man sie bei anderen Herstellern sieht, lehnt Ferrari ab. Stattdessen geht man neue Wege, indem man die „Musik“ des hinteren Antriebsstrangs und der Inverter verstärkt. Ein edler Versuch, eine authentische Klangkulisse zu bewahren – doch stellt sich die Frage: Kann ein Verstärker wirklich einen V12 ersetzen?
Diese akribische Arbeit steht im starken Kontrast zu misslungenen Hybrid-Umsetzungen wie beim Cayenne Turbo Hybrid, der wegen seines Gewichts und des unharmonischen Leistungsübergangs kritisiert wurde. Porsche hingegen hat mit dem 911 T-Hybrid erfolgreich den Turboloch-Fehler durch Elektrounterstützung beseitigt. Ferrari hingegen nutzt Technologie, um einen Verlust zu verbergen.
Die Automobilwelt befindet sich im Wandel – und die Herausforderungen der Elektrifizierung machen selbst vor Ferrari nicht halt. Die Reaktion der Börse ist eindeutig: Die Zeit der Supersportwagen, die sich ausschließlich über rohe Leistung definieren, ist vorbei.
Für uns bei WOT ist diese Krise auch eine Chance. Wenn die Branchenriesen gezwungen sind, 2,3-Tonnen-Limousinen zu verkaufen, entsteht Raum für kleine Manufakturen und Restomod-Spezialisten (wie wir bereits betont haben), die rohe Emotionen, Leichtigkeit und Klang liefern Dinge, die der Luxusmarkt zunehmend aufgibt.
Unsere Überzeugung bleibt: Die Seele des Automobils liegt im Verbrennungsmotor. Deshalb setzen wir konsequent auf die Zulassung von Motor-Softwareoptimierungen. Das ist aus unserer Sicht der einzige Weg, um Fahrfreude auf verantwortungsvolle und legale Weise zu bewahren in einer Zeit, in der große Hersteller keine vergleichbar emotionale Lösung finden.