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Deutschland zittert

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Volkswagen plant historische Werksschließungen

Volkswagen, der historische Autogigant, steht an einem beispiellosen Wendepunkt. Zum ersten Mal seit fast 90 Jahren erwägt der Hersteller die Schließung von Werken auf heimischem Boden in Deutschland. Diese Ankündigung, die in einer bereits unter Druck stehenden Branche wie ein Schock wirkt, zeigt, wie kritisch die Lage von Volkswagen angesichts wachsender Konkurrenz und eines unsicheren wirtschaftlichen Umfelds ist. Bei WOT sehen wir dieses Szenario als ein Zeichen dafür, dass selbst die Titanen der Automobilindustrie nicht vor strukturellen Umwälzungen gefeit sind, insbesondere wenn strategische Entscheidungen nur schwer Früchte tragen.

Erdrückender Wettbewerb und ein geschwächter Markt

Volkswagen sieht sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, die es vielleicht in diesem Ausmaß nicht erwartet hatte. Ein wesentlicher Faktor bleibt der heftige Wettbewerb durch chinesische Hersteller, die immer stärker mit kostengünstigen, oft elektrischen Modellen auf den europäischen Markt drängen, die besser auf die zunehmend preissensible Kundschaft abgestimmt sind. Obwohl VW ein bedeutender Akteur bleibt, lügen die Zahlen nicht: Die Verkäufe sinken, ebenso wie die Gewinne. Die Traditionsmarke VW, einst Synonym für Ingenieurskunst und Zuverlässigkeit mit ikonischen Modellen wie Golf und Passat, wird heute als das schwächste Glied des Konzerns wahrgenommen.
Die europäische Automobilindustrie durchläuft eine sehr komplexe Phase. Die Elektrifizierung, steigende Produktionskosten – insbesondere im Energiebereich – und der Krieg in der Ukraine haben eine bereits schwierige Situation nur noch verschärft. Volkswagen, das große Summen in sein Elektro-Transformationsprogramm investiert hat, konnte bisher nicht die erhofften Erträge erzielen.

Ein Sparprogramm, das an seine Grenzen stößt

Volkswagen-CEO Oliver Blume sagt klar: Traditionelle Maßnahmen zur Kostensenkung – wie freiwillige Abgänge oder Frühverrentungen – reichen nicht mehr aus. Werksschließungen und harte Entlassungen können nicht ausgeschlossen werden. Dies ist eine beispiellose Situation, nicht nur für Volkswagen, sondern auch für Deutschland, das die Automobilindustrie lange als Grundpfeiler seiner Wirtschaft betrachtet hat. Seit 1988 hat der Hersteller nie ein Werk geschlossen, und erst recht nicht im eigenen Land. Die Botschaft ist eindeutig: Volkswagen muss entschieden reagieren.
Bei WOT sehen wir diesen Plan als direkte Folge einer unzureichend kalibrierten Anpassung. Der Konzern hatte im vergangenen Jahr ein umfangreiches Sparprogramm angekündigt, doch die Ergebnisse lassen auf sich warten. Die Automobilindustrie entwickelt sich schnell, und ohne ausreichende Agilität drohen selbst Giganten ins Hintertreffen zu geraten.

Eine breitere Krise für die deutsche Wirtschaft

Die Ankündigungen von Volkswagen betreffen nicht nur den Konzern, sondern beleuchten eine tiefere Krise, die Deutschland betrifft. Dieses Land, das lange die europäische Industrieszene dominiert hat, scheint an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Die steigenden Energiekosten, gepaart mit einem verlangsamten Wachstum, lasten schwer auf den Unternehmen. Die Automobilindustrie, der Motor der deutschen Wirtschaft, ist besonders betroffen, und Volkswagen mit seinen 300.000 Beschäftigten in Deutschland ist ein starkes Symbol für diese Verwundbarkeit.
Die deutsche Regierung, ohnehin unter Druck, sieht in diesen Ankündigungen eine weitere Bedrohung für ihre Glaubwürdigkeit. Während ähnliche Sozialpläne bei Zulieferern wie Bosch, Continental und ZF zugenommen haben, könnte die Aussicht, dass Volkswagen denselben Weg einschlägt, die wirtschaftliche Stimmung weiter trüben.

Die Sichtweise von WOT

Für uns ist diese Situation nicht nur ein weiteres Kapitel in der Geschichte der deutschen Automobilindustrie, sondern eine echte Warnung vor den Gefahren eines zu schnellen Übergangs. Volkswagen, das Aushängeschild der europäischen Automobilindustrie, scheint den Preis für einen überstürzten Wandel zu zahlen, möglicherweise beschleunigt durch die Folgen des Dieselgates. Der Wunsch, das Image durch massive Elektrifizierung und aggressive Restrukturierung aufzupolieren, hat einige der Grundpfeiler vernachlässigt, die die Marke stark machten, und riskiert, einen Teil der treuen Kundschaft zu entfremden.
Ein Gegenbeispiel zu diesem Ansatz ist BMW, ein weiterer unverzichtbarer Akteur der deutschen Automobilindustrie. BMW hat es geschafft, die europäischen Vorgaben durch einen langsameren Übergang zur Elektromobilität zu mäßigen und dabei seine DNA zu bewahren: den Fahrspaß. Ohne seine Grundwerte aufzugeben, hat BMW es geschafft, elektrifizierte Modelle anzubieten und dabei das beizubehalten, was seine Kunden seit Jahrzehnten anzieht.
Das ist der große Unterschied: Wenn strategische Entscheidungen getroffen werden, ohne zu bedenken, warum Kunden eine Marke wählen, trifft man eine rein wirtschaftliche Entscheidung und keine Entscheidung der Werte. Das Risiko besteht darin, dass diese übereilten Entscheidungen langfristig zum Aussterben einer Marke führen können, so ikonisch sie auch sein mag.
Volkswagen steht somit an einem entscheidenden Punkt. Die Art und Weise, wie das Unternehmen diese Krise bewältigt, wird nicht nur seine Zukunft bestimmen, sondern auch die Entwicklung der europäischen Automobilindustrie. Die Geschichte hat gezeigt, dass ein Gleichgewicht zwischen Moderne und Tradition möglich ist, vorausgesetzt, man verliert nie das Wesen aus den Augen, das den Kern einer großen Marke ausmacht.

Fortsetzung folgt.



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